Diner auf einem Schweizer RaddampferHome >> Kulinarische Erfahrungen
Text-only version printed fromhttp://FXcuisine.com/default.asp?Display=193 Ein Diner auf einem 100 Jahre alten Raddampfer, auf dem Genfer See, zubereitet von einem der Spitzenköche der Schweiz – komplett mit Blick hinter die Kulissen... und in die Küche! Letzte Woche nahm ich ein gedenkwürdiges Mahl auf der „Savoie“ ein, ein gigantischer Raddampfer der den Genfer See befährt und auf dem Essen von Philippe Chevrier serviert wird – ein mit drei Michelin-Sternen gekrönter Schweizer Koch. Anlass war der 63. Hochzeitstag meiner Verwandten Hans und Heidi, die ursprünglich aus dem Osten der Schweiz stammen. So heißen sie wirklich – wie die Charaktere im Schweizer Kinderbuch „Heidi“. Die Idee mit dem Schiff war von mir, aber ich merkte erst, welch glückliche Wahl ich getroffen hatte, als Heidi mir Folgendes erzählte: FX, wusstest du, dass Hans und ich einander zum ersten Mal auf genau diesem Schiff begegnet sind? Es war Herbst und die „Savoie“ trat die letzte Fahrt der Saison an. Ich musste wieder nach Schaffhausen zurück und entschloss mich für eine Schifffahrt – das war die letzte Gelegenheit, die sich dazu bot. Frankreich war immer noch von den Deutschen besetzt und wir segelten genau an der schweizerisch-französischen Grenze entlang. Da bin ich Hans begegnet, mit dem ich jetzt seit 63 Jahren verheiratet bin. Ich habe ihn sofort als Deutschschweizer erkannt. Wir haben uns nochmal getroffen und... den Rest kennst du ja.“ Ursprünglich sollte in einer kleinen Dorfskirche in Schaffhausen an der deutschen Grenze geheiratet werden. In letzter Minute beschloss man jedoch die Heirat in Genf statt finden zu lassen, da das Luxusrestaurant „Parce de la Grange“ seine Preise auf Grund des ausbleibenden Geschäftes wegen des Krieges erheblich gesenkt hatte und somit froh war eine einfache Hochzeit veranstalten zu können. Das muss die beste Entscheidung ihres Lebens gewesen sein – die Schaffhausener Kirche wurde an genau diesem Tag bombardiert. Dies ist alles wirklich so passiert. Als ich mir diese Geschichte über das willkürliche und fragile Wesen der menschlichen Existenz angehört hatte, überfiel mich plötzlich ein starkes Bedürfnis, irdischen Gelüsten zu fröhnen. Ich eilte nach unten in die Schiffsküche. Das Carpaccio de dorade rose marinée au citron vert et piment d'Espelette wartet darauf, nach unten getragen und von mir verschlungen zu werden. Ein herrlicher Anblick. Die Schiffsküche befindet sich unter dem Hauptdeck, durch das Bullauge ist das Wasser zu sehen. Es ist ein geschäftiger Ort, an dem Kellner die Treppen rauf- und runtereilen und die Speisen von den Köchen, die sich um den Konvektomaten schlängeln, entgegen nehmen (siehe unten). Gilbert Renaud, der dynamische Chef de Cuisine war sehr freundlich und erlaubte mir, so viele Fotos zu machen wie ich wollte. Ich habe ebenfalls ein 360°-Panorama erstellt, das leider sehr leer wirkt, weil die Köche alle in der Gegend herum rannten und ich sie aus dem Bild retuschieren musste, damit die Ränder für die Panorama-Aufnahme stimmen. Der Chef de Cuisine rundet nochmal die Soße ab... ... ehe der Sous Chef sie für ein Gericht verwendet. Während dieser Koch sautiert... ...tanzt der Rest um den riesigen Konvektomaten, das Zentrum der Küche. Sogar an einem relativ ruhigen Tag gehen dutzende Teller raus – und jedes einzelne Gericht soll im optimalen und warmen Zustand oben ankommen. Während die Köche jede Zutat auf den Tellern anordnen... ... Fleisch ... ... Soße ... ...der Sous Chef benutzt seine Serviette um die Tellerränder nachträglich von unansehnlichen Tröpfchen zu reinigen... ...bevor er die Teller zur jungen Kellnerin weiterreicht... ...die sie zu an meinen Tisch bringt. Deck und einen größeren über Deck, der 250 Gäste beherbergt. Homard du Maine rôti aux girolles, jus des carapaces Caviar d'aubergine et tomate séchée Wieder unten in der Schiffsküche beobachte ich den Chef de Cuisine wie er höchstpersönlich eine Sonderbestellung vorbereitet, geschmückt mit essbaren Blumen... ...die er auf ein Tablet platziert... ...das der Kellner zu Fuß zwei Stockwerke hinauf trägt... ...bis es uns die maîtresse d' überreichen kann. Gebratene Kalbsrippchen aus Simmenthal, ein ländliches Alpental in der Nähe des Aletschgletschers. Die doppelte Portion Fleisch geht zur Bar, die sich hinten am Oberdeck befindet, wird dort geschnitten und findet seinen Weg von dort aus zurück zu unseren Tellern. Filet de veau de Simmental poêlé à la sauge Légumes du marché à l'huile d'olive, frite de polenta In der Zwischenzeit legt unser Schiff für ein paar Minuten in Yvoire (Frankreich) an. Wenn man an Bord bleibt, wird man von keinem Zollbeamten gestört. Zurück in der Küche wo der Küchenchef gerade damit beschäftigt ist Späße mit dem Personal zu Treiben und die Teller mit dem Dessert zu belegen. Er bewahrt unter dem hohen Druck einen kühlen Kopf, zumal er direkt unter der Klimaanlage arbeitet. Im ersten Jahr unserer gastronomischen Kreuzfahrten gab es keine Klimaanlage in der Küche. Eines Tages stieg die Temperatur auf 56° C – das sorgte dafür, dass das Eis schmolz, ehe es den Teller erreicht hatte, erklärt der Chef-Koch. Einer der drahtigen Kellner trägt die Nachspeisen hinauf... ...dann kommt die zweite Runde mit einer Madeleine, Marshmallows und eine Kreuzung zwischen einer Weihnachtskügel und einem Lutscher, das Einzige, das mir an der ganzen Mahlzeit nicht gefallen hat. Mittlerweile ist die Zeit gekommen, dem Kapitän einen Besuch abzustatten. Mr Leuenberger, der junge Schiffsmann, begleitet mich über das rutschige Deck zu einer schmalen Leiter, die zur Kapitänskajüte führt. Ich stelle vor: Monsieur Beauval, der Kapitän, nach Bacchus der einzige Meister auf diesem Schiff. Hier sieht man den Maschinenraum von oben, eine beeindruckendes Konstrukt das allzeit gut geölt sein muss, damit die Räder des Dampfers sich weiter drehen. Das Gefühl das man hat, wenn man diese gewaltige Maschine am Werk sieht, kann ich mit meinen Bildern zwar nicht gut rüberbringen – seht euch trotzdem mal diese Panorama-Aufnahme des Maschinenraums an. . Bei diesem Ausflug zählt nicht nur das Essen – auch die Aussicht vom Schiff aus, das Gefühl der Ruhe, das man beim Sitzen auf dem Oberdeck hat, während man nach unten auf das fliehende Wasser blickt, spielen eine große Rolle. |